Wann ist eine Schotterbettreinigung technisch nötig?

Für eine technische Beurteilung empfehlen wir eine ganzheitliche Betrachtung bzw. eine Kombination mehrerer Analyseverfahren. Eine erste Entscheidungsgrundlage stellen Gleislagefehler dar. Durch Fahrten mit Messwagen kann auf die Notwendigkeit einer Reinigung aufmerksam gemacht werden. Eine schlechte Gleislage im 5–6 m Wellenbereich weist auf Hohllagen hin, die wiederum auf einen schlechten Zustand des Schotters schließen lassen.

Eine andere Möglichkeit zur Identifizierung kritischer Punkte ist die Fraktalanalyse. Sie gilt als Methode, Muster in Mustern zu erkennen, und ermöglicht die Bestimmung der spezifischen Rauheit von Signalen durch Berücksichtigung unterschiedlicher Wellenlängen (je nach Frequenzbereich Lang-, Mittel- oder Kurzwellen). Gleisgeometrieanalysen können allerdings nicht den Feinanteil im Schotterbett oder die Feuchtigkeit des Gleisbettes bestimmen, sondern nur dessen Reaktion.

Anwendungsbeispiel

Fraktalanalysen wurden bei den Österreichischen Bundesbahnen auf etwa 4.000 km des Hauptnetzes durchgeführt. Es war möglich, Messsignale der letzten 14 Jahre in Kombination mit detaillierten Anlagen- und Instandhaltungsinformationen zu verwenden. Um diese neue Methodik zu validieren, wurden die Ergebnisse der Fraktalanalyse mit einer Georadarauswertung von etwa 1.000 Streckenkilometern und vielen Ausgrabungen verglichen.

Die Abbildung zeigt die zeitliche Entwicklung der fraktalen Mittelwelle innerhalb eines 400 m-Gleisabschnittes in Österreich. Der Wert erreicht hier –34, was 4-mal höher ist als das 90-%-Quantil des Netzwerks. Eine Vor-Ort-Inspektion bestätigte die Ergebnisse der Fraktalanalyse. Der Schottereinbruch war an der Oberfläche gut sichtbar. Der Schotter unter der Schwelle war vollständig verschmutzt und die Wartungsgeschichte zeigte eine instabile Gleisgeometrie. Kurz nach dem Kontrollgang wurde das Schotterbett gereinigt und die meisten Schwellen ausgetauscht. Heute haben die Österreichischen Bundesbahnen und die Schweizerischen Bundesbahnen Fraktalanalysen bereits im Rahmen ihres Asset Managements verwendet.

Quellen:
Landgraf, M.: Zustandsbeschreibung des Fahrwegs der Eisenbahn – von der Messdatenanalyse zum Anlagenmanagement, 2016 (Dissertation, Technische Universität Graz)

Hansmann, F.: Innovative Messdatenanalyse – ein Beitrag für ein nachhaltiges Anlagenmanagement Gleis, 2015 (Dissertation, Technische Universität Graz)

Auch mit Hilfe von Georadaranwendungen (GPR) kann die Schotterbettverschmutzung diagnostiziert werden. Der Grad der Schotterverschmutzung kann durch seine spezielle Signalcharakteristik erfasst werden. Die Ausbreitung der elektromagnetischen Wellen im Untergrund ist stark abhängig von den im Boden befindlichen Strukturen, die Reflexion, Streuung, Beugung und Transmission der eingestrahlten Welle hervorrufen. Die GPR-Analyse wird stark von Wasser beeinflusst. Daher ist es einfach, den aktuellen Feuchtigkeitsgehalt innerhalb des Gleisbettes zu quantifizieren, die aktuelle Entwässerungsqualität zu bewerten und die Dicke der verschiedenen Schichten aufgrund ihres abnehmenden Wassergehaltes zu erfassen. Basierend auf GPR-Untersuchungen, können verschiedene Verschmutzungsgrade ohne zeitaufwendigen Aushub berechnet werden.

Die direkte Beurteilung des Schotterzustandes der Bettung ist ein weiteres sicheres Kriterium für das Erfordernis einer Bettungsreinigung – allerdings ist sie sehr aufwendig. Begehungen oder die Auswertung von Videoaufnahmen aus Messfahrzeugen liefern Stellen mit optisch starken Verschmutzungen bzw. großflächigen Spritzstellen.

Die Messung des Verschmutzungsgrades und des Feinkornanteils kann derzeit nur zuverlässig mittels Probenahme und Absiebung des Materials erfolgen. Die Probenahme kann dabei händisch (als Kastenprobe) erfolgen oder mechanisiert mit einem Bohrgerät. Für die Entscheidung, ab wann gereinigt werden soll, gibt es keinen allgemein gültigen Grenzwert. Je nach Land und Vorgabe der Bahnverwaltung oder des Infrastrukturunternehmens existieren unterschiedliche Siebkurven mit unterschiedlichen Grenzwerten. Abhängig von diesen Siebkurven unterscheiden sich die Körnungen und der Feinkornanteil in den einzelnen Ländern. In Europa hat sich der im ERRI Report D182 (European Rail Research Institute) angeführte Grenzwert von 30 % Feinteilgehalt (< 22,4 mm) bewährt. Spätestens ab diesem Wert ist eine Schotterbettreinigung bzw. Gleiserneuerung durchzuführen.

Entscheidend ist, ein gutes Gleichgewicht zwischen Tragfähigkeit und Drainagefähigkeit des Schotterbettes zu erhalten.

Expertentipp

Die Kenntnis der technischen Notwendigkeit ist eine wesentliche Voraussetzung für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Bettungsreinigung!


Einwilligung für Technology App
Information zur Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten